Nº 1 – 6

Nº 1

Nori

Ly Thanh Le

Nº 2

Memphis Fry-Up

Sebastian Haslauer

Nº 3

Early Bird

Wiebke Rauers

Nº 4

Dazed

Dennis Schuster

Nº 5

EggSercise

Frank Höhne

Nº 6

Sirene

Cristóbal Schmal

Piepei

Nori

Ly Thanh Le

Ly Thanh Le ist Gestalterin und Illustratorin in New York und plädiert für manuelle Arbeitsschritte und Entschleunigung in der digitalen Gestaltungswelt. Sie macht unglaublich gerne Dinge mit der Hand. Nicht nur bei der Arbeit, auch privat in der Küche. Das liegt an ihren Wurzeln, die in Vietnam liegen, und sich auch beim PiepEi „Nori“ erkennen lassen. Nori ist nämlich eine Meeresalge, die in der vietnamesischen Küche Verwendung findet. Außerdem hat diese Alge eine geschmeidige Optik, die wunderbar mit dem Ei harmoniert. Und somit ist das PiepEi „Nori“ ein kleines, funktionales Objekt mit dem Charme des Handgemachten.

HÄRTEGRADE/MELODIEN
weich / Schwanensee
mittelweich / In the Hall of the Mountain King
hart / Eine kleine Nachtmusik

Interview

Ly Thanh Le

BR Ly, wie würdest du das PiepEi „Nori“ in einem kurzen Satz beschreiben?
LT Ein kleines funktionales Objekt mit dem Charme des Handgemachten.
BR Dein Character PiepEi ist ein Geflecht aus feinen Linien. Was ist das Konzept hinter deinem PiepEi, und was verbirgt sich hinter dem Namen?
LT Die Form des Eis ist unperfekt und doch in sich völlig stimmig. Als ich Algen in einem großen Aquarium sah, dachte ich mir, wie schön es wäre, wenn diese weichen, seidigen Arme des Meeres das Ei umarmen würden.
BR Du hast einen vietnamesischen Background. Welchen Einfluss haben diese Wurzeln auf deine Arbeit?
LT Unendliche Geduld, den fast manischen Drang, alles mit der Hand machen zu wollen, und natürlich hat irgendwie doch wieder alles mit gutem Essen zu tun … hahaha.
BR Nach deinem Studium bist du nach New York gezogen. Hat dich das Leben in dieser Stadt verändert?
LT Ja, definitiv macht die Stadt etwas mit mir. Ich bin in allem schneller, effizienter, und zielstrebiger. Sie gibt mir mehr Input und Energie als jede andere Stadt, in der ich je gelebt habe. New York ist ein hartes Pflaster, aber man ist jeden Tag stolz, dort leben und arbeiten zu dürfen, neben der unendlichen Anzahl talentierter, interessanter Menschen aus aller Welt.
BR Du hast Grafikdesign studiert. Wie beeinflussen sich die Bereiche Grafikdesign und Illustration bei dir?
LT Ich bewege mich relativ impulsiv zwischen beiden Disziplinen hin und her. Und nehme mir was auch immer ich brauche, um ein Projekt gut auszuführen. Für mich sind die Grenzen fließend, es gibt kein richtig oder falsch. Aber häufig bekommen meine verspielten Illustrationen einen klaren grafischen Rahmen verpasst, sei es durch schlichte Typografie oder geometrische Formen.
BR Viele deiner Illustrationen basieren auf einer Tusche- und Federzeichnung. Was fasziniert dich an dieser Art zu zeichnen?
LT Es fühlt sich … „echt“ an. In einer digitalen Welt, in der man alles binnen Nanosekunden löschen und tausendfach kopieren kann, ist das die einzige Weise, für mich etwas Einzigartiges zu schaffen. Und das mit einem einzigen Atem, mit einer Handbewegung. Es ist auch eine Art Entschleunigung im Gestalten.
BR Eine deiner Leidenschaften ist das Kochen. Wie kam es dazu und wodurch definiert sich dein Kochstil?
LT Wenn man in einem sehr frauenlastigen und kochaffinen Zuhause aufgewachsen ist, kommt man nicht drumherum, irgendwann selbst zum Kochmesser zu greifen. Meine Familie hat mich nie vom Probieren neuer Speisen abgehalten, auch als ich noch ein Krabbelkind war. Diese immense Neugier kann ich beim Kochen voll und ganz ausleben. Es gibt keine Zutat und keine Zubereitungsweise, mit der ich nicht experimentieren würde.
BR In deiner Bachelorarbeit Vietnam – Eine kulinarische Identität hast du dich mit der vietnamesischen Küche beschäftigt. Kannst du uns mehr darüber erzählen?
LT Es sind in erster Linie Geschichten. Geschichten über meine Heimat, über meine Liebe zu ihr, und wie diese Liebe sich immer wieder in den wunderbaren Speisen Vietnams manifestiert. Ich habe eine emotionale und absolut sinnliche Verbindung mit der vietnamesischen Kulinarik, und in meinem Buch habe ich versucht, all diese Erlebnisse und Gefühle zu visualisieren und dem Leser diesen Kulturschatz nahezubringen. Die 100 ausgewählten Rezepte sind ein guter Einstieg in die vietnamesische Küche, wenn man von den Geschichten Appetit bekommen hat.
BR Du hast dein Ei nach einer Meeresalge benannt, die in verarbeiteter Form in der asiatischen Küche Verwendung findet. Gibt es in deinen Arbeiten öfter die Verbindung zwischen Illustration und Kochen?
LT Eigentlich nicht, aber anscheinend passieren diese Dinge oft intuitiv. Zum Beispiel habe ich letztens bei einem Projekt für ein amerikanisches Schuhlabel, ohne zu wissen warum, Ananas und Tintenfische als Muster auf das Leder gedruckt. Kochen hat wohl von allen kreativen Disziplinen den besten Humor.
BR Danke Ly!






PiepEi

Memphis Fry-Up

Sebastian Haslauer

Das PiepEi „Memphis Fry-Up“ ist bunt. Und auch etwas abgefahren. Außerdem gucken die Menschen bei dessen Einsatz auf ein Spiegelei, während sie ein Ei kochen. Wenn das mal keinen verwirrt. Sebastian Haslauer war es egal, denn der wollte das Ei auf jeden Fall aus seiner Schale befreien und auf eben diese setzen. Er ist Eierbefreier und der Schaffer dieser PiepEi-Adaption. Und dabei wie eine Idealbesetzung, denn eine grafische Schwäche für Eier hat er definitiv. Vom mit Hackfleisch gefüllten Fabergé-Ei bis zum Eier-Sombrero. Dass der Illustrator und freischaffende Künstler mit Ausflügen in den TV-Sektor diese Edition „Memphis“ nannte, hat gleich zwei Gründe. Zum einen zitiert er die berühmte Designgruppe, aber zusätzlich gibt es auch Memphis auf die Ohren. Elvis-Fan Haslauer hat es sich nicht nehmen lassen, den King die frohe Botschaft des perfekten Eis überbringen zu lassen. Dann mal guten Appetit.

HÄRTEGRADE/MELODIEN
weich / Viva Las Vegas
mittelweich / Hound Dog
hart / Jailhouse Rock

Interview

Sebastian Haslauer

BR Sebastian, wie würdest du das PiepEi „Memphis Fry-Up“ in einem kurzen Satz beschreiben?
SH Es ist eine formale Zusammenführung der Bestandteile eines Full English Breakfasts (kurz Fry-Up) und der visuellen Sprache der Memphis-Gruppe.
BR Bei deinem Character PiepEi treffen grafische Muster und Abbildungen von Lebensmitteln aufeinander. Was ist das Konzept dahinter?
SH Ich wollte unbedingt das Ei aus seiner Schale holen und auf dem PiepEi platzieren. Man begegnet dem Spiegelei auch in meiner freien Arbeit immer wieder. Mir gefällt natürlich zunächst Farbigkeit und Form sehr, sehr gut, aber auch, dass das Ei, seit Jahrhunderten Symbol für Leben und Tod, aufgeschlagen und gebraten dargestellt wird. Man hat sich mittlerweile ermächtigt, genau wie man sich über die Natur und die Produktion von Lebensmitteln ermächtigt hat.
Als ich dann mit den Formen von Bohnen, Würstchen, Senf, Erbsen, Spiegelei usw. herumgespielt habe, ist mir aufgefallen, dass das Ei ganz freundschaftlich neben einer Matteo-Thun-Kaffeekanne liegen könnte. Oder als ihre kleine, wilde, ungebürstete Schwester. Mir gefiel dieser Bezug. Zumal ich ein Riesenfan von Elvis bin und noch passende Piep-Melodien gesucht habe.
BR Hast du eine spezielle Verbindung zur Memphis-Gruppe?
SH Nein, überhaupt nicht. Ich fand schon sehr gut, was sie gemacht haben, und könnte ich es mir leisten, hätte ich bestimmt das ein oder andere Ungetüm von Memphis bei mir herumstehen. Ich bin auch großer Fan der entworfenen Teppiche, Tapeten und Muster. Mir gefällt die Unbeschwertheit des Gestaltungsprozesses, der für jeden Rezipienten sichtbar ist. Mir ist überbordende Exzentrik immer lieber als ausgeklügelter Minimalismus.
BR Die Abbildung von Lebensmitteln findet man auch in vielen deiner anderen Arbeiten. Was genau hat es damit auf sich?
SH Ich habe ein großes Faible für Produktinszenierungen und wie diese mit der Realität zusammenhängen bzw. kollidieren. In meinen Arbeiten sind sie meist nicht nur Sinnbild dafür, wie sehr wir industriellen, kapitalistischen Prozessen ausgeliefert sind, sondern uns mittlerweile auch daran orientieren. Also die Frage, ob da zuerst das Bild vom Apfel in der Marketingabteilung des Saatgutherstellers, oder dem Handzettel von Edeka war, oder der Apfel selbst.
Eine Inszenierung von Kriegen, Katastrophen und vor allem von sich selbst geht damit einher und ist ebenfalls ein großer Teil meiner Bildinhalte. Eine gängige Debatte, die ich versuche auf intuitive Weise zu führen, also dort, wo bei einem ja auch ein Entscheidungsprozess stattfindet. Welche Bilder beschäftigen mich? Was begeistert mich? Was stößt mich ab? Anhand welcher Informationen forme ich meine politische Haltung? Wie nehme ich mich selbst wahr und inwiefern hängt diese Selbstwahrnehmung schon mit meinem virtuellen Ich zusammen? Definiere ich mich wirklich nicht über meinen Konsum?
BR Diese Kombination der Elemente erinnert an Pop-Art, ist diese Assoziation beabsichtigt?
SH Nein, aber darf es ruhig. Ich habe auch die Nase von meinem Großvater und die Ohren meiner Oma.
BR Neben deiner Tätigkeit als Illustrator hast du in den letzten Jahren auch einige Kurzfilme gedreht. Für Arte Creative entstand die Performancereihe ways to feel better. Welche Intention steckt hinter dieser Arbeit?
SH Na ja, ich hatte zu dieser Zeit dann schon ein paar Jährchen Berufserfahrung gesammelt, wurde bald 30, die Haare fielen langsam aus, ich arbeitete zu viel und reflektierte meine Situation zu wenig und dachte: Das mach ich jetzt online und lass es mir bezahlen. Also stellte ich mir die Fragen: Was tut mir gut? Was fehlt mir? An welche Regeln muss und will ich mich eigentlich halten? In kleinen filmischen Bildchen.
BR Hast du dich danach besser gefühlt?
SH Ja, schon ein bisschen. Manche Sachen haben nicht funktioniert, aber es war toll, dass ich die Möglichkeit hatte, es auszuprobieren. Einen vollen Kasten Bier gegen die Wand zu pfeffern war auf jeden Fall in höchstem Maße kathartisch.
BR Ein weiteres Projekt ist die Musikshow TRICKS. Ist die Musik ein inspirierendes Medium für dich, aus dem du Ideen für deine Illustrationen ziehst?
SH Nein, die beiden Bereiche haben nichts miteinander zu tun. Auch wenn meine Art von Humor bestimmt in beiden Fällen sichtbar wird. Für mich war TRICKS, wie auch ways to feel better ein totales Experimentierfeld und ich konnte von keinerlei Erfahrung, die ich in meinem bildnerischen Schaffen gemacht habe, profitieren und andersrum auch nicht. Es war nur schön mal etwas ganz anderes zu machen. Wenn man alleine und selbstständig arbeitet, passiert nach langer Zeit das, was ich den Mikroskopeffekt nenne. Man kann zwar sehr konzentriert und fokussiert an seinen Projekten arbeiten aber, von außen kommt nicht mehr viel Input. Nach TRICKS und dem anschließenden Arbeitskater war ich wieder herzlich froh an meinem Zeichentisch zu sitzen. Ganz erfrischt.
BR Danke Hasi!






PiepEi

Early Bird

Wiebke Rauers

Das PiepEi „Early Bird“ sorgt nicht nur für ein perfekt gekochtes Ei auf dem Frühstückstisch, es hat quasi auch Tipps für die erste und wichtigste Mahlzeit des Tages parat. Denn Wiebke Rauers’ Illustration dreht sich ganz themenfokussiert um Frühstückskomponenten. Diese wurden von der Illustratorin zum Leben erweckt und sorgen in ihrem lustig-­quirligen Stil für gute Laune am Morgen. Die ist ja bei vielen Menschen nicht son­­derlich weit verbreitet, soll aber enorm positiv wirken. Sympathische Comic-Figu-
ren­ setzt die Kommunikationsdesignerin aber nicht nur auf Eiern ein. Von den Protagonisten der Kinder-Apps wie Muffin Munch oder Zombie Tennis bis zu Animationsvorlagen für Trickfilme gibt es jede Menge sympathische Figuren aus ihrer Feder. Mit dem PiepEi „Early Bird“ wird das Eierkochen ein buntes Treiben für Groß und Klein.

HÄRTEGRADE/MELODIEN
weich / Morgenstimmung
mittelweich / Oh Happy Day
hart / Ich wollt’ ich wär’ ein Huhn

Interview

Wiebke Rauers

BR Wiebke, wie würdest du das PiepEi „Early Bird“ in einem kurzen Satz beschreiben?
WR
Jede Linie rockt ­– hoffentlich.
BR Bei deinem Character PiepEi musiziert eine Schar Frühstücksutensilien. Was ist das Konzept hinter deinem PiepEi?
WR Hier ist wirklich alles drauf, was zu einem tollen Frühstück dazugehört: Kaffee, Toastbrot, Milch, Käse, Wurst … Eigentlich noch mehr: Hier kann jedes Utensil seinen ganz eigenen Sound zum vielseitigen Frühstück beitragen.
BR Für dein Character PiepEi erweckst du ein Toastbrot zum Leben. Gibt es bei den Utensilien Parallelen zu deinem Frühstück, und vor allem, wie sieht für dich das perfekte Frühstücksei aus?
WR Also, wenn mein Frühstückstoast mich anlächeln würde, könnte ich ihn nicht essen!
Mein perfektes Frühstücksei hat genau fünf Minuten im Wasser auf mich gewartet, bis ich es in meinen Lieblingseierbecher setze (der hat rosa Puschen an). Wobei das mit den fünf Minuten immer so eine Sache war. Jetzt warte ich einfach, bis mein PiepEi „Early Bird“ „Oh Happy Day“ spielt. Dann ist das Eigelb noch flüssig, aber das Eiweiß ist fest.
BR Dein Zeichenstil ist geprägt von zarten Farben und weichen Verläufen. Spiegelt sich in deinem Zeichenstil auch ein Teil deiner Persönlichkeit wieder?
WR Nein, ich denke nicht. Ich glaube, das ist alles eine Frage der Zeit und der Stimmung, in der ich gerade bin … das kann sich ganz schnell wieder ändern!
BR In deinen Arbeiten findet man kleine, große, flauschige Tiere und Figuren mit Kulleraugen. Wie hat sich dein Stil entwickelt?
WR Genau kann ich das nicht sagen, es war einfach da! Aber ich möchte mich gerne weiterentwickeln und probiere momentan viel aus!
BR Gibt es in deiner Zeichenwelt auch eine rauere, bösere Seite?
WR Oh ja (lacht), die findet man in meinen Skizzenbüchern. Hier inspiriert mich die Musik, die ich höre …
BR Zusammen mit deinem Freund Arnold Floeck hast du Tiny Touch Tales gegründet. Unter diesem Namen habt ihr Spiele für iPhone und iPad entwickelt. Was genau ist deine Aufgabe in eurem Team?
WR Ich bin für alles, was man sehen kann, verantwortlich, also alles Grafische und Illustrative.
BR Hat sich deine Art zu arbeiten durch deine Arbeit im Bereich der digitalen Spiele verändert?
WR Sicher, hier muss ich besonders darauf achten, die „Lesbarkeit“ der Grafiken zu gewährleisten. Man soll schließlich auch auf kleinster Größe den Charakter noch genau erkennen können.
BR Bei Tiny Touch Tales ist unter anderem die Kinder-App Katrins bunte Mondgeschichte entstanden. Was ist das Besondere am kindgerechten Entwerfen von Illustrationen?
WR Hier muss man wohl nur auf sein Herz hören! Steck ganz viel Liebe in den Ausdruck, und die Farbstimmung! Es muss auch ohne Text eine Botschaft rüberkommen und die Charaktere müssen natürlich knallen!
BR Danke Wiebke!






PiepEi

Dazed

Dennis Schuster

„Dazed“ ist ein ganz relaxtes PiepEi. Es hat Hippie-Gene in sich, aber auch eine deutsche Ingenieurs-­DNA. Das passt wunderbar zusammen. Die Technik arbeitet und der Mensch relaxt beim Frühstück. Die Idee für diese schmucke Symbiose hatte der deutsche Illustrator DXTR. Der kommt aus der ostwestfälischen Einöde, kommt aber auch viel rum. Reisen und dabei gestalten und Menschen treffen. Das ist sein Ding. Ob für Nike, Amnesty International oder nur für die Bewohner eines Viertels in Albanien. Das ist ihm egal. Und er stellt fest, dass die Menschen oft mit weniger weniger gestresst sind als wir mit mehr. Seine Message ist, dass wir alles etwas lockerer nehmen sollten. Sein Medium ist die Dose. Klassisches Graffiti ist es aber nicht mehr. Er wird schließlich auch bezahlt und nicht zur Kasse gebeten. Heute zumindest.

HÄRTEGRADE/MELODIEN
weich / San Francisco
mittelweich / California Dreaming
hart / House of the Rising Sun

Interview

Dennis Schuster

BR Dennis, wie würdest Du das PiepEi „Dazed“ in einem kurzen Satz beschreiben?
DS Don’t worry, be happy.
BR Bei deinem Character PiepEi tauchen wir in eine Fantasiewelt ein. Was ist das Konzept hinter deinem PiepEi?
DS Ich dachte daran, dass es bei vielen Menschen gerade morgens etwas stressig werden kann. Die Idee hinter dem PiepEi „Dazed“ war also, ein gewisse Art „Take it easy“-Moment zu erzeugen, etwas zu zeichnen, das für eine farbenfrohe und freundliche Stimmung sorgt, da kam mir die Harmonie der Hippie-Generation in den Sinn. Et voilà.
BR Du hast einen Graffiti-Background, wie hat sich diese Leidenschaft entwickelt und wie beeinflusst sie dich?
DS In den frühen Jahren war ich sehr vom klassischen Graffiti fasziniert, habe allerdings auch schon früh mit Leinwänden und Figuren experimentiert. Die Faszination an Graffiti ist immer noch dieselbe, allerdings nutze ich heutzutage lediglich das Medium Sprühdose für meine Arbeit. Mit klassischem Graffiti hat mein Schaffen eher weniger zu tun. Zwar arbeite ich weiterhin sehr viel im öffentlichen Raum, allerdings würde ich es eher als urbane Illustration bzw. Popsurrealismus bezeichnen.
BR Deine Arbeiten sind zum Teil surreal und zeigen uns verrückte Figuren und Handlungen. Hast du beim Zeichnen deiner Illustrationen bestimmte Geschichten im Kopf, die du darstellen willst?
DS Ich beginne immer mit einem Grundgedanken bzw. einem Thema, einer Geschichte, die ich erzählen möchte. Es gibt nichts Schlimmeres als ein weißes Blatt Papier vor sich, aber keinen Anhaltspunkt, womit man beginnen könnte. Durch eine vorgegebene Geschichte oder ein Thema geht man dem Verzweifeln irgendwie geschickt aus dem Weg.
BR Deine Bilder kann man mit dem Begriff „Wimmelbild“ beschreiben. Wie hat sich diese Art zu zeichnen entwickelt, und was fasziniert dich daran?
DS Ich verliere mich gerne in Bildern bzw. bin ein großer Freund von sehr detaillierten Dingen. Ich mag es, stundenlang auf ein gutes Bild zu schauen und immer wieder etwas Neues zu entdecken. Viele Ideen entwickeln sich zum Teil erst während des Zeichnens und mir macht es Spaß, in einer schon entstehenden Geschichte immer wieder neue Elemente und weitere kleine Geschichten zu ergänzen.
BR Du bist Teil der Gruppe The Weird. Was genau bedeutet es, Teil eines Künstlerkollektivs zu sein?
DS In erster Linie ist es sehr spannend und es macht eine Menge Spaß. The Weird ist eine Gruppe Gleichgesinnter, die eine Menge Spaß miteinander haben und viel voneinander lernen. Als Illustrator mit Graffiti-Background und einem Faible für Wandgestaltung war es immer irgendwie ein Problem die richtigen Leute zu finden, mit denen es Sinn macht, zusammen zu gestalten. Da war es einfach großartig, Leute zu finden, die ähnlich denken und arbeiten.
BR Du bist viel gereist und hast Erfahrungen in unterschiedlichen Ländern gemacht, unter anderem in Detroit, Russland, Albanien und Bulgarien. Inwieweit beeinflussen diese Reisen deinen Arbeits- und Lebensstil?
DS Die Reisen sind eigentlich der spannendste Teil meiner Arbeit. Ohne die Malerei hätte ich wahrscheinlich niemals die Gelegenheit, diese Vielzahl an unterschiedlichen Ländern zu bereisen, die nicht unbedingt ein typisches Reiseziel darstellen. Es ist immer wieder schön, neue und andere Kulturen zu sehen und eine Menge faszinierender Menschen kennen zu lernen. Das Schöne an diesen Reisen ist, dass man in direktem Kontakt zu Einheimischen ist und quasi eine Menge Zeit mit den Locals verbringt. So lernt man Land, Leute und deren Kultur einfach besser kennen. Faszinierend finde ich vor allem die Leichtigkeit der Menschen in vielen Ländern. Oft haben die Menschen nicht viel, sind aber offensichtlich zufriedener und oftmals auch glücklicher als wir hier in Deutschland.
BR Einer deiner Kunden ist Amnesty International. Erzähl uns etwas über die Zusammenarbeit mit der Menschenrechtsorganisation und über deine Arbeit, die zum Thema Menschenrechte entstanden ist.
DS Die Arbeit mit Amnesty International war sehr spannend. Aufgabe war es, ein Keyvisual für einen Event von Amnesty am Times Square in New York zu erschaffen. Bei diesem Event ging es darum, für neue Waffenhandelsgesetze zu plädieren und die Menschen zu informieren. Beispielsweise werden weltweit jährlich zweimal so viele Patronen/Kugeln hergestellt wie es Menschen auf der Welt gibt. Letztendlich ging es darum, die Leute zu bewegen, eine Petition zu unterschreiben, die eine Woche später bei einem Treffen der UN zum Thema Waffenhandel in New York vorgelegt wurde. Das Projekt war ein voller Erfolg, die gewünschte Zahl von Unterzeichnern der Petition wurde bei weitem übertroffen, und seit dem Treffen der UN gibt es tatsächlich härtere Handelsgesetze für Schusswaffen weltweit.
BR Danke Dennis!






PiepEi

EGGSERCISE

Frank Höhne

„EggSercise“ ist ein Workout-Ei. Denn Eier sind Pumpernahrung. Fand zumindest Frank Höhne, und der hat das PiepEi „EggSercise“ erfunden, also hat er Recht. Und das Gute ist, dass das PiepEi das Eierkochen nicht mehr trainieren muss, sondern schon perfekt kann. Also kann der Mensch während des Eierkochens trainieren. Was immer er will. Frank würde vermutlich nicht bankdrücken, sondern eher was basteln. Das macht er nämlich gerne. Wenn er nicht gerade illustriert, denn das macht er beruflich. Für namhafte Magazine wie neon, Rolling Stone oder Brigitte. Aber auch für Firmen oder Musikkapellen, Die Ärzte zum Beispiel. Sein Stil ist die Sichtbarkeit der Korrektur. Er findet nämlich den sichtbaren Prozess und das transparente Scheitern schöner als die Brösel vom Radiergummi als einziges Relikt der Unperfektion. Als kreativen Input versteht er seine alltäglichen Erlebnisse. Von seiner Familie, seinem Lebensumfeld im Wald, bis zum Feierabendbier im Mückenhagel. Na dann Prost.

HÄRTEGRADE/MELODIEN
weich / Killing Me Softly
mittelweich / That’s the Way (I Like It)
hart / Final Countdown

Interview

Frank Höhne

BR Frank, wie würdest du das PiepEi „EggSercise“ in einem kurzen Satz beschreiben?
FH Ein Ei, das weiß, was du willst.
BR Bei deinem Character PiepEi dreht sich alles um das Thema Workout. Was ist das Konzept hinter deinem PiepEi, und was verbirgt sich hinter dem Namen?
FH Eier waren für mich immer der Nährstoff für Kräftige, für Pumper, für Boxer.
BR Aufwärmen, Ausdauer, Dehnen. Gibt es Parallelen zwischen einem Workout und deiner Arbeit?
FH Ganz klar „Ja“. Ich gehe an jede Arbeit mit Aufwärmübungen ran. Diese mische ich dann mit Ausdauer-/Fleißarbeits-Zeichnungen und dehne die Ergebnisse aus beiden mit Photoshop in Collagen zusammen.
BR Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Wie lautet deine Theorie?
FH Das Ei. Es war leer und ein Weltraum-Parasit hat sich eingenistet und siehe da, es wurd’ ein Huhn. Ganz klar, so war das.
BR In deinen Arbeiten taucht ein Bild selten ohne einen begleitenden Text auf. Wie wichtig ist dir die Beziehung zwischen Text und Bild?
FH Das rührt daher, dass ich nicht auf den Punkt genau zeichnen kann. Ich muss immer noch erklärenden Text hinzufügen, damit der Betrachter auch genau versteht, was ich vermitteln will. Mit Schrift kann ich alles in „meine“ Richtung lenken und Missverständnisse umgehen. Ein guter Zeichner jedoch käme ohne Typo aus. Wahrscheinlich.
BR Im Gestalten Verlag hast du dein erstes Buch herausgebracht. Kannst du uns etwas über das Buch und das Konzept dahinter erzählen?
FH Es war immer mein leiser Studi-Traum, auch irgendwann ein Buch bei den Gestalten zu haben, deswegen auch dementsprechende Freude, als diese fragten, ob ich Lust hätte eins zu machen. Als ich jedoch den Zeitplan sah, also dass es in zwei Monaten in den Druck soll, war ich nicht-so-begeistert-guck. Sie meinten, mein Portfolio sei ja groß genug, ich müsste nichts neu machen, ich hingegen träumte ja davon, ein Jahr lang komplett neue Dinge nur für das Buch zu entwickeln. Letztendlich war das dann ein Kompromiss. Ich wollte nicht eine ausgedruckte Homepage, sondern das Buch sollte einen Mehrwert haben, deswegen habe ich überlegt, wie ich, obwohl ich meine alten Arbeiten zeige, aber doch einen Zusatz schaffen kann, den nur das Buch hat. So kam ich auf die Idee, meinen Werdegang als Illustrator aufzuschlüsseln und eine Textebene als Faden durchs Buch zu geben. Somit ist es kein Portfolio-Bilderbuch, wo nichts zueinander passt, sondern alles macht auf einmal Sinn, nicht wahr?
BR Dein Buch trägt den Titel The Book of Bock. Worauf hast du so richtig Bock?
FH Bauen. Ich baue gerade viel mit Holz, das beschreibe ich ja auch in dem The Book of Bock, dass man gucken muss, die Balance zur Arbeit zu finden.
Ich zeichne nicht den ganzen Tag. Ich zeichne ein bisschen und dann bau’ ich Tische, Bänke, Badezimmer etc. und danach hab’ ich auch Lust wieder zu zeichnen. Ich kann nur zeichnen, wenn ich Lust darauf habe, sonst bringt es nichts, und wenn ich lieber was bastel’, dann bastel’ ich lieber. Kein Grund sich zu schämen.
BR Wer oder was hat die Entwicklung deines Stils besonders geprägt?
FH Der Versuch und das Absonderliche. Ich fand es schon immer interessant, wenn etwas eher den Versuch zeigt als die Perfektion. Die Perfektion ist unmenschlich und ich schäme mich nicht fürs Menschsein. Es ist viel unterhaltsamer und ehrlicher, das Scheitern zu sehen als dessen Verheimlichung. Wenn ich was gezeichnet habe, kann ich dazu stehen und sagen, „ja, so sieht es halt aus, wenn ich es probiere, entweder es gefällt euch oder eben nicht, anders kann ich’s jedenfalls nicht“. So muss ich mich nicht verbiegen und einem Ideal hinterherkuschen, das ich eh nicht erreichen kann und will. Und so kam es dazu, dass ich alles irgendwie probiere und nichts richtig gut kann, aber genau das bin ich und das ist dann wohl mein eigener Stil.
BR Du hast eine Familie, zwei Kinder und ein Haus im Wald. Das hört sich an wie der Beginn eines wunderbaren Märchens. Sind deine Familie und dein Lebensumfeld der Stoff, aus dem deine Ideen sind?
FH Ich vertrete die Meinung, alles was man erlebt, wird zu Ideen, demzufolge ist meine Familie auch der Input für mein Schaffen. Der Garten, der Wald, die Spinnen und Käfer, der Spritverbrauch, das Feierabendbier im Mückenhagel, all das wird illustrativ irgendwie verbraten. Immer schön alle Erfahrungen aufsaugen und schauen, wie man sie verwerten kann. So mach’ ich das.
BR Danke Frank!






PiepEi

Sirene

Cristóbal Schmal

„Sirene“ entstammt den Federn von Cristóbal Schmal. Na ja nicht wirklich den Federn, er nutzt da viele andere Techniken. Techniken wie Holzschnitt oder Linoleum. Cristóbal Schmal ist ein chilenischer Grafikdesigner, aber mittlerweile in Berlin ansässig. Er arbeitet für große Magazine und Zeitungen. Das ist stressig, aber der Stress reizt seine Synapsen. Freie Arbeiten mag er aber auch. Apropos frei, er kommt aus der Wüste, hat aber ein Faible für den Ozean, angezogen von dessen Mystik. Auch sein PiepEi ist ein Unterwasserprodukt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sein PiepEi „Sirene“ soll uns etwas Fiktives in den hektischen Küchenalltag transportieren. Aber das Ergebnis ist dann wieder faktisch. Versprochen.

HÄRTEGRADE/MELODIEN
weich / The Wild Rover
mittelweich / Rolling Home
hart / Drunken Sailor

Interview

Cristóbal Schmal

BR Cristóbal, wie würdest du dein PiepEi „Sirene“ in einem kurzen Satz beschreiben?
CS Es ist eine Meerjungfrau, die in kochendem Wasser schwimmt und singt.
BR Bei deinem Character PiepEi tauchen wir in die Unterwasserwelt ein. Was ist das Konzept hinter deinem PiepEi, und was verbirgt sich hinter dem Namen?
CS Ich wollte ein bisschen Beschwörung in eine Alltagssituation bringen. Ein bisschen Fiktion in deiner Küche.
BR Cristóbal, erzähl uns etwas über deinen Background.
CS Ich komme aus Chile, aus einer Stadt namens Arica in der Atacama-Wüste. Studiert habe ich 2000 km von meiner Heimat entfernt, in Valparaiso – einer wunderschönen Stadt.
BR Du bist in Chile geboren und aufgewachsen. Wie prägen deine chilenischen Wurzeln deine Arbeit?
CS Weiß ich nicht so genau. Vielleicht wurde ich von der Wüste beeinflusst, aber am ehesten wohl vom pazifischen Ozean. Eine mysteriöse Welt voller Leben, eine interessante Mixtur aus Anziehung und Angst.
BR Du hast Grafikdesign studiert. Wie hat sich dein Schwerpunkt im Illustrieren herauskristallisiert?
CS Ich habe einige Jahre als Grafikdesigner gearbeitet, habe aber parallel immer gezeichnet und gemalt. Ab 2007 habe ich dann Zeichnungen in die Designs integriert. Ein Jahr später bin ich dann nach Berlin gezogen und habe den Sprung gewagt, zu 100 % als freier Illustrator zu arbeiten.
BR Dein Zeichenstil ist geprägt von kräftigen, satten Farben und strukturierten Flächen. Gibt es eine bestimmte Technik, die du benutzt, um diese Effekte zu erzielen?
CS Während meines Studiums habe ich diverse Techniken wie Holzschnitt, Linoleum oder Kaltnadel gelernt. Ich fand aber auch den Prozess sehr interessant, mit einfachen Linien zu arbeiten. Die Arbeit mit Licht und Schatten und auch Flächen habe ich außerdem für mich entdeckt. Für meine Illustrationsarbeiten scanne ich vorher Strukturen und Effekte. Zum Beispiel bedruckte Oberflächen, Flecken usw. Ich versuche primär mit realen Elementen zu arbeiten und den Computer nur für die Komposition zu nutzen.
BR Du arbeitest für viele Zeitungen und Magazine, unter anderem für die New York Times und Le Monde. Wie sieht der Arbeitsablauf bei diesen Projekten aus?
CS Es ist manchmal sehr frustrierend und schwierig, da man nicht viel Zeit hat, um eine Idee auszuarbeiten. Auf der anderen Seite ist das auch eine Chance und eine sehr spannende Aufgabe – schnell zu denken. Für mich ein schöner Ansatz, ursprünglich und primitiv zu denken. Kurz denken und – „zack“ – malen.
BR Einige deiner Illustrationen sind als Infografiken zu verstehen, und stellen Prozesse dar. Liegt in dieser Art der Darstellung einer deiner Schwerpunkte?
CS In letzter Zeit habe ich ein paar Aufträge gehabt, wo so gearbeitet werden musste. Es geht um komplexe Themen, die eher erklären als interpretiert werden oder Spielerei sein sollen. Wobei mir Letzteres oder ein eher abstrakter Prozess eigentlich mehr zusagen.Ich mag eher offene Konzepte, wo der Rezipient selbst eine Botschaft draus kreieren kann.
BR Welche Art von Projekten wünschst du dir für deine Zukunft als Illustrator?
CS Ich würde gern zusammen mit einem guten Grafikdesigner ein Buch illustrieren. Außerdem hätte ich Lust auf Wein- oder Bierlabels. Ein Cover für eine interessante Band wäre auch nett.
BR Danke Cristóbal!